Achtsamkeit: Die Kraft des Augenblicks
von Melanie Müller (Gastautorin) in Praxis

Sitzt bei dir auch häufig der Autopilot am Steuer? Kein Wunder eigentlich – denn wer fühlt sich nicht überfordert von den unendlich vielen To-Dos, unserer zunehmend verwirrenden, beängstigenden Welt, Facebook und WhatsApp, dem überall lauernden Selbstoptimierungs- und Leistungsdruck? Wir sparen so viel Zeit – und haben doch keine. Auch nicht dafür, zu spüren, wie es uns eigentlich geht.

Häufig brauchen wir erst einen Warnschuss: Wenn wir vor lauter Stress krank werden oder die Erschöpfung uns niederdrückt, dann werden wir wach und suchen nach Strategien, um wieder gelassener, ruhiger und auch zufriedener zu werden. Sieht man sich die Bestseller-Listen und beliebtesten Blogs an, dann sind wir fast alle auf der Suche nach dem Glück.

Doch wo ist es zu finden – das Glück?

Es gibt viele Hinweise darauf, dass das Kultivieren von Achtsamkeit hilfreich ist. Studien zufolge sind wir glücklicher, wenn wir im Hier und Jetzt und ganz bei einer Sache sind. Also Mono- statt Multi-Tasking. Doch das gelingt uns als Erwachsene häufig nicht mehr so einfach wie als Kind. Unser Geist hat stattdessen die Tendenz, in die Vergangenheit abzuschweifen oder sich mit der Zukunftsplanung zu beschäftigen.

Daran haben wir übrigens keine Schuld. Der Bauplan unseres Gehirns ist einfach so angelegt, dass sich unser Geist lieber an Problemen festbeißt als präsent und zufrieden zu sein. Der amerikanische Neuropsychologe Rick Hanson erklärt das so: Unser Gehirn hat etwas entwickelt, was sich „negative Verzerrung“ nennt. „Für negative Erfahrungen gilt das Klett-Prinzip: sie bleiben haften, während für positive Erfahrungen das Teflon-Prinzip gilt.“ (Rick Hanson: Denken wie ein Buddha, Irisana 2013)

Durch regelmäßige Achtsamkeitspraxis können wir lernen, unseren Geist, wie einen tolpatschigen jungen Hund, der bei jeder Gelegenheit in alle Richtungen ausbüxt, immer wieder zurückzuholen in den Moment. Der Schlüssel jeder Achtsamkeitspraxis ist es, unserem Geist einen Anker zu geben, zum Beispiel den Atem oder Empfindungen im Körper. Denn Atem und Körper sind immer im Jetzt, sie kennen keine Zukunft oder Vergangenheit. Und wenn wir wieder merken, wie es uns eigentlich gerade jetzt geht, dann spüren wir auch, was wir im jeweiligen Moment wirklich brauchen.

Achtsamkeit ist Medizin für Körper & Seele

Es bedarf einiger Übung bis wir präsenter in unserem Leben sind. Aber die Bemühungen können schon nach kurzer Zeit belohnt werden. Inzwischen gibt es mehrere tausend Studien zum Thema Achtsamkeit und sie legen nahe, dass eine regelmäßige Praxis zu einer ganzen Reihe von positiven Effekten führt. So verbessert sie etwa unsere Wahrnehmung von Gefühlen und Körperempfindungen. Zudem fördert sie unsere Fähigkeit zur Empathie bzw. zum Mit-Fühlen und verbessert auf diesem Weg die Qualität unserer Beziehungen.

Studienteilnehmer mit körperlichen Erkrankungen wie z.B. Schmerz- oder Krebserkrankungen berichten, dass sich ihre Lebensqualität durch Achtsamkeitsübungen signifikant verbessert hat. Auch eine Senkung der Blutdruckwerte und des Kortisolspiegels (der mit Stress zusammenhängt) sowie eine verbesserte Funktion des Immunsystems konnten nachgewiesen werden. Als besonders wirksam hat sich Achtsamkeit im Zusammenhang mit psychischen Problemen erwiesen, weshalb entsprechende Strategien und Werkzeuge inzwischen zunehmend in die psychotherapeutische Behandlung von Depressionen, Ängsten, Burnout, Essstörungen usw. aufgenommen werden.

Auch Karl Semelka, Achtsamkeitslehrer, Business Coach und Psychotherapeut, hat diese Erfahrung in seiner Praxis gemacht: „Achtsamkeit bewirkt in der Regel, dass wir gesünder leben und mehr Lebensqualität empfinden. Wir gehen bewusster mit uns und unserem Umfeld um, nehmen Empfindungen und Emotionen besser wahr. Dadurch erkennen wir z.B. auch besser, wann bestimmte innere Anteile wie der „Autopilot“oder unser „inneres Kind“ aktiv sind.“

Drei Ebenen der Achtsamkeit

Durch eine regelmäßige Praxis kultivieren wir eine Art inneren Beobachter, der nicht alles bewerten, in „gut oder schlecht“, „angenehm oder unangenehm“ einteilen muss, sondern die Dinge offen und neugierig so betrachtet wie sie sind. So können wir auch wahrnehmen, wann wir wieder in gewohnte Reaktionsmuster verfallen und können entscheiden, neue Verhaltensweisen auszuprobieren. Für Karl Semelka ist das die erste, kognitive Ebene der Achtsamkeit: „Ich lerne über den Verstand besser auf mich zu achten.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für den Lehrer und Therapeuten die körperliche Ebene der Achtsamkeit: „Hier geht es darum, weniger zu denken, sondern wahrzunehmen“, erklärt er im Interview. „Ich lerne die Aufmerksamkeit beim Körper zu lassen.Der Vorteil ist, dass dadurch gedankliche Prozesse zur Ruhe kommen, weil ich ihnen keine Energie mehr gebe.“

Die dritte Ebene der Achtsamkeit ist für Karl Semelka eine spirituelle: „Ich erfahre konkret, dass mein Bewusstsein ganz weit, still und leer ist. Dass es etwas in mir gibt, was unteilbar ist. Dadurch wird der innere Friede immer stärker.“ Viele Praktizierende berichten, dass sie durch regelmäßige Achtsamkeitspraxis ein starkes Gefühl der Verbundenheit mit allem erleben. Anstatt uns nur mit unserem kleinen Selbst zu identifizieren verstehen wir, dass es etwas gibt, dass größer ist als wir selbst und mit dem wir eins sind.

Yoga führt zur Achtsamkeit

Abschließend bleibt – im Rahmen des YogaMeHome-Blogs – vielleicht die Frage, was Achtsamkeit mit Yoga zu tun hat. Muss ich ein Yogi sein, um Achtsamkeit zu üben? Für den erfahrenen Yogaübenden und -lehrer Karl Semelka ist es umgekehrt: „Für mich ist nur Yogi, wer auch diese Ebene berührt. Achtsamkeit ist der elementarste Teil des Yoga. Wenn Patanjali im Yoga Sutra über das Zur-Ruhe-kommen des Geistes schreibt (yogaś citta-vṛtti-nirodhaḥ), dann meint er genau das.“

Es lohnt sich also in vielerlei Hinsicht, eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis zu haben. Sie kann dir dabei helfen, die Herausforderungen des Alltags besser und gesünder zu bewältigen und dich insgesamt gelassener und glücklicher zu fühlen.

Online Video Kurs: Achtsamkeit im Alltag leben

Wie du damit beginnen kannst erfährst du ab Montag, den 12. September 2016 in einem viertägigen Online-Kurs auf YogaMeHome mit Karl Semelka. Kleiner Tipp: Mach Dir am Besten gleich einen Termin in Deinem Kalender. Denn "das Vergessen ist eines der großen Hindernisse auf dem Weg zu mehr Achtsamkeit", weiß Karl Semelka und gibt Dir im Video-Kurs viele weitere Tipps und Übungen für den Alltag mit auf Deinen Weg der Achtsamkeit.

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Melanie Müller (Gastautorin)

Melanie Müller ist freie Journalistin und Yoga- und Achtsamkeitslehrerin in Salzburg. Den Kontakt zu ihr findest Du über ihre Website: derachtsameweg.com

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