Wie Verdauung unser Wohlbefinden beeinflusst
von Melanie Beran in Gesundheit

Unser gesamtes Wohlbefinden ist eng verknüpft mit einem gut funktionierenden Verdauungsprozess. Unsere Darmflora – mit all ihren Bakterien und Mikroorganismen – ist nicht nur für die Kraft unseres Immunsystems verantwortlich. Wie Studien zeigen, hat die Gesundheit unseres Darms auch massive Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit. Diesen Zusammenhang nennt man Darm-Hirn-Achse.

In Deutschland leiden rund 20 % der Bevölkerung unter Verstopfung, wovon die meisten übrigens Frauen sind, und etwa jede 6. Person unter dem sogenannten „Reizdarmsyndrom“, welches sich durch anhaltende Blähungen, Durchfall, Krämpfe und/oder auch Verstopfung äußern kann. Wie jetzt immer mehr erforscht wird, wirkt sich die Zusammensetzung der Darmflora auch auf die Psyche aus. So leiden Reizdarm-PatientInnen ebenso wie Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen überdurchschnittlich häufig an Angstzuständen und Depressionen. Es wird also immer klarer, dass wir einer gesunden Darmflora viel mehr Aufmerksamkeit schenken sollten als das bisher der Fall war.

Ich möchte Dir in diesem Artikel einen Überblick über die häufigsten Verdauungsbeschwerden geben und Dir einige Tipps mitgeben, mit denen Du Deinem Darm etwas Gutes tun kannst. Da ich Ernährungsberaterin nach traditioneller chinesischer Medizin bin, werde ich Dir ein bisschen TCM-Wissen vermitteln, damit Du ein besseres Verständnis entwickeln und Zusammenhänge erkennen kannst.

Die häufigsten Verdauungsprobleme

Blähungen

Jeder kennt sie, keiner redet (gern) darüber. Fühlt sich der Bauch aufgebläht an, die angestaute Luft und Gase finden aber keinen Weg nach draußen, spricht man von Meteorismus. Gehen die Gase hingegen im Übermaß ab, handelt es sich im Fachjargon um Flatulenz.

Aber was bedeutet „im Übermaß“? Den Experten zufolge sind zehn bis 20 Winde pro Tag normal. Steigt diese Zahl dauerhaft auf über 20 bis 30, spricht man von krankhaften Blähungen. Ob Meteorismus oder Flatulenz, beides ist unangenehm und laut TCM zumeist die Folge eines geschwächten Verdauungsfeuers.

Das Verdauungsfeuer könnte man westlich gesehen mit unserem Stoffwechsel vergleichen. Um gut verdauen zu können, so dass alle Nährstoffe gelöst und aufgenommen werden und keine Reste zurück bleiben, braucht es vereinfacht gesehen ausreichend Wärme und Energie (Feuer). Diese Wärme und Energie generieren wir einerseits aus ausreichend Bewegung, aus tiefem und ruhigem Atem und zum anderen Teil wiederum aus unserer Ernährung. Das kann schnell zu einem Teufelskreis werden, denn zu wenig Energie und Wärme führen zu einer unzureichenden Verdauung, unzureichende Verdauung wiederum führt zu einem Mangel an Energie und Wärme. Die Lösung: Stärke Dein Verdauungsfeuer! Wie? Das erkläre ich weiter unten.

Durchfall

Beziehungsweise auch weiche bis wässrige Stühle und unverdaute Nahrungsreste fallen hierunter. Durchfall-Erkrankungen gelten weltweit als die häufigsten Infektionskrankheiten. Durch Krankheitserreger verursachte Durchfälle verbessern sich in der Regel nach ein paar Tagen wieder und hören dann ganz auf. Wenn das nicht der Fall ist, können die Ursachen für den Durchfall in einem Reizdarmsyndrom liegen, durch chronisch, entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa entstehen oder auch durch eine Unverträglichkeit bestimmter Nahrungsmittel.

Die TCM geht bei Durchfall zuerst wieder von einem geschwächten Verdauungsfeuer aus. Je weicher bis wässriger der Stuhl ist und je mehr unverdaute Nahrungsreste sich im Stuhl befinden, desto „ausgekühlter“ ist das Verdauungsfeuer der Betroffenen.

Verstopfung

Von Verstopfung spricht man, wenn es zu weniger als drei Stuhlgängen in der Woche kommt. Meist ist der Stuhl dann hart und/oder knödelig und zur Darmentleerung ist starkes, mitunter schmerzhaftes, Pressen notwendig. Verstopfung oder im Fachjargon „Obstipation“ ist die am meisten verbreitete Verdauungsstörung, vor allem bei Frauen und älteren Menschen.

In der traditionellen chinesischen Medizin geht man bei Verstopfung von fehlenden „Säften und Blut“ aus (was nicht bedeutet, dass in den Adern der Betroffenen zu wenig Blut zirkuliert). Übersetzt könnte man sagen, es fehlt Flüssigkeit – sowohl Darm als auch Stuhl sind zu trocken und deshalb flutscht es nicht. Oft kommen in diesem Fall noch Symptome wie trockene Haut und/oder Schleimhäute, brüchige Haare und/oder Nägel, Blässe, innere Unruhe, Schlafprobleme,... dazu. Grund für diesen “Säfte-Mangel” kann zweierlei sein. Entweder es ist zu viel Hitze im System oder zu wenig. Das klingt verwirrend?

Lass es mich Dir erklären: Wenn viel Hitze im Körper ist führt das dazu, dass Flüssigkeit schon verdampft, bevor sie Darm und Stuhl befeuchten kann. Wenn zu wenig Hitze im Verdauungstrakt ist, dann passiert es, dass Magen und Darm Nahrungsmittel nicht ordentlich verdauen können und folglich auch die dringend benötigten Säfte nicht produzieren können. Zum Glück ist die Lösung einfacher als die Erklärung des Problems.

Die Lösung: Verdauungsfeuer stärken und Säfte bilden

Bei Blähungen, Durchfall und Verstopfungen, die aus zu wenig Wärme resultieren, heißt die Antwort: Verdauungsfeuer anheizen. Bei Verstopfungen, die aus zu viel Hitze resultieren, heißt die Antwort: Säfte bilden.

Verdauungsfeuer anheizen

Um das Verdauungsfeuer anzuheizen, ist es hilfreich auf kühlende und stark befeuchtende Nahrungsmittel zu verzichten und dafür Nahrungsmittel und Zubereitungsformen zu wählen, die wärmend auf den Organismus wirken. (Wie Kochmethoden wirken) Übersetzt bedeutet das:

Kühlend und/oder befeuchtend vermeiden:

  1. Wenig bis (eine Weile) keine Rohkost
  2. wenig bis keine Brotmahlzeiten
  3. Nichts aus der Tiefkühltruhe
  4. Keine Südfrüchte (Orangen, Zitronen, Bananen,...)
  5. Wenig bis keine Milchprodukte
  6. Kein Mineralwasser (und andere kohlensäurehaltige Softdrinks)

Wärmendes bevorzugen:

  1. Mindestens zwei, besser drei gekochte Mahlzeiten am Tag. Das heißt auch ein warmes Frühstück. Ein Rezept für ein warmes Frühstück findest Du bei uns im Blog.
  2. Verdauungsfördernde und wärmende Gewürze, wie Fenchel, Kümmel, Anis, frischer Ingwer, Kardamom, Koriander, Majoran, Oregano, Lorbeer, Zimt,... häufig verwenden
  3. Wärmende Nahrungsmittel: Zwiebel, Lauch, Knoblauch, Fenchel, Süßkartoffel, Kürbis, Kartoffeln, Haferflocken, ...
  4. Füße, Rücken und unteren Bauch warm halten (vor allem in der kalten Jahreszeit)

Säfte bilden

Um bei Verstopfung, die aufgrund von zu viel Hitze entstanden sind, eine Besserung zu erzielen, solltest Du ausreichend Säfte bilden. Dazu ist es wichtig, erhitzende und austrocknende Nahrungsmittel zu vermeiden und dafür suppig, saftig und soßig zu essen.

Erhitzend und/oder trocknend vermeiden:

  1. Kein Chili, Pfeffer, Cayenne Pfeffer, getrockneter Ingwer, Zimt, Knoblauch
  2. Kein hochprozentiger Alkohol und kein Rotwein
  3. Kein Lammfleisch Kein Yogitee Kein Brot, vor allem kein Knäckebrot und Knabbergebäck
  4. Kein Kaffee, Schwarz- oder Grüntee (wirken allesamt austrocknend)

Säftebildendes bevorzugen:

  1. Am besten täglich: Suppen, Eintöpfe und Kompotte - einfach heimisches Obst mit etwas Vanille kurz aufkochen, gerne auch mit Honig (befeuchtend) süßen und dann entweder alles essen oder auch nur die Flüssigkeit trinken
  2. Blutbildende (rote Rübe, Spinat, Brokkoli, Mangold, Kürbis,...) und Säfte bildende (Zucchini, Tomaten, Pilze,...) Nahrungsmittel häufig verwenden – um das Verdauungsfeuer aber nicht zu schwächen, wiederum auf eine bekömmliche Zubereitung achten, das bedeutet: nicht roh, sondern immer gegart.
  3. Trockenfrüchte wie Datteln, Feigen und Rosinen in den Speiseplan aufnehmen
  4. Eier und wertvolle Fette (Ghee, hochwertige Öle,...) verwenden
  5. Ausreichend und früh genug Schlafen (zu wenig Schlaf führt über kurz oder lang immer zu einem Säfte- und Blutmangel)

Für all diese Nahrungsmittel-Empfehlungen gilt: nicht jeder Mensch reagiert gleich. Vielleicht kann Dein Körper z. B. mit Zwiebeln gut umgehen, aber nicht mit Knoblauch oder umgekehrt. Also probiere es bitte aus und höre auf Deinen Körper.

Die Verdauung und das Joghurt

Im Gegensatz zur westlichen Medizin und manchen Werbeversprechen von gewissen Joghurtherstellern, empfiehlt die chinesische Medizin übrigens bei Darmbeschwerden Joghurt weitestgehend weg zu lassen. Das liegt daran, dass es sehr kühlend und befeuchtend wirkt, was zwar bei einer Verstopfung aus hitzebedingtem Säftemangel hilfreich ist, ein schwaches Verdauungsfeuer jedoch aber zusätzlich schwächen würde.

Die Verdauung und der Stress

“Stress ist vermutlich einer der wichtigsten Reize, die Hirn und Darm miteinander besprechen.”
(Darm mit Charme, Giulia Enders)

Bisher haben wir eingangs nur erwähnt, dass die Darmflora auch die Psyche beeinflussen kann. Allerdings funktioniert das natürlich auch umgekehrt. Stress, Druck (!) und fehlende Ruhe führen zu einer “unentspannten” Verdauung. Der Darm ist in schwierigen Situationen ja sehr kooperativ. In stressigen Ausnahmesituationen, wenn er vom Gehirn die Information bekommt, dass dieses gerade viel Energie für die Problemlösung braucht, spart der Darm brav Energie ein. Er verdaut langsamer, produziert weniger Schleimstoffe (Säfte) und fährt die eigene Durchblutung runter. Wenn solche Ausnahmesituationen jedoch zum Dauerzustand werden, fängt der Darm an zu rebellieren. Klar, der lässt sich doch nicht dauerhaft ausnutzen.

Yoga fördert die Darmgesundheit

Ruhe, ausreichend Entspannungsphasen, erholsamer Schlaf (gerne auch mal zu Mittag) und Bewegung sind neben der richtigen Ernährung die Schlüssel zu einer guten und unaufgeregten Verdauung. Und da sind wir wieder beim Yoga. Julie hat zu diesem Zweck ihr neues Video “Verdauung anregen mit Yoga” aufgenommen. Du findest es weiter unten zusammen mit weiteren Videos, die Deine Verdauung in Schwung bringen.

Was Du für Deine Verdauung tun kannst

Wenn Du unter einem der genannten Symptome leidest, hoffe ich, dass Du Dich wiedererkannt hast. Wenn ja, versuche Deine Ernährung für ein paar Wochen umzustellen und übe mit Julies Yoga-Video "Verdauung anregen mit Yoga". Dann beobachte, ob Dir die Umstellung hilft.

Wenn Du Dir Unterstützung wünscht, freue ich mich, wenn Du Kontakt zu mir aufnimmst. Weiterführende Informationen und Blogartikel rund um Ernährung und TCM findest Du übrigens auch auf meiner Seite: Seelenküche

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel soll lediglich eine Hilfestellung sein. Falls Deine Beschwerden nicht aufhören (bei Durchfall etwa länger als drei Wochen andauern) oder Du Schmerzen hast, bitte gehe zum Arzt und lass die Ursachen abklären.

Und noch ein Buchtipp zum Schluss, wenn Du mehr über das Wunderorgan Darm erfahren möchtest: "Darm mit Charme von Julia Enders". Es ist humorvoll geschrieben und Du erfährst viele wirklich spannende Details über Deine Darmflora.

Alles Liebe,

Melanie

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Melanie Beran

Melanie Beran ist Mitarbeiterin der YogaMeHome-Redaktion und Ernährungsberaterin nach Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM). Wenn Du mehr über Ernährung nach TCM erfahren möchtest, schau mal auf ihrer Website vorbei: Seelenküche

 

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Kommentare 

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Franziska

Vielen Dank für diesen Artikel. Als TCM Fan würde ich mich über mehr aus dieser Ecke sehr freuen!

Verfasst am 11.10.2020 um 15:14

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